Austrian Audio Hi-X55 im Test – Ein Kopfhörer wie kein anderer!

Was machen ehemalige Mitarbeiter eines Primus im Audiobereich?
Logisch, sich neue Arbeit suchen oder – wie in diesem Fall, wenn das Know-How vorhanden ist – einfach selbst eine eigene Audio Marke ins Leben rufen. Austrian Audio hat bisher zwei professionelle Großmembran-Kondensatormikrofone auf den Markt gebracht und schickt sich nun an, im Bereich der Kopfhörer ein Zeichen zu setzen. Mit dem Hi-X55 und dem Hi-X50 bringt Austrian Audio jeweils einen geschlossenen OverEar und einen OnEar Kopfhörer auf den Markt, die in vielerlei Hinsicht verblüffen. Seit einigen Tagen ist der Hi-X55 bei mir und er darf zeigen, was ihn ausmacht…


VORWORT


Nachdem ich vor einigen Wochen mit „Nomax“ – dem einen oder anderen auch als Kopfhörer-Papst aus dem Open-End-Forum bekannt – über den Prototypen des Hi-X55 hatte, den er damals zum Hören zu Hause hatte, bin ich mehr als neugierig geworden. Ich habe zwar sofort das Austria Audio Team zwecks eines Demo-Hörers angeschrieben, doch eine Rückmeldung blieb leider aus. Als nun die ersten vereinzelten Lagerbestände der Online-Shops kurzzeitig grünes Licht gaben, habe ich mir kurzer Hand selbst einen bestellt. Schon wenige Stunden später, gab es keine Verfügbaren Hörer mehr und ich dachte bereits an einen Shop-Fehler, als ich zudem noch die Nachricht erhielt, dass der Hörer derzeit nicht lieferbar ist und ich bei Verfügbarkeit informiert würde. Nachdem ich dann den Support anschrieb und um Stornierung gebeten hatte, habe ich zu meiner Verwunderung eine DHL Sendungsnummer erhalten und einen Tag später dann auch den Kopfhörer selbst. Und nun ist es an der Zeit, den Hi-X55 intensiv unter die Lupe zu nehmen.

Inhalt


1. Verpackung & Zubehör
2. Design & Verarbeitung
3. Technik & Handhabung
4. Spielpartner & Spielfreude
5. Klang & Klangvergleich
6. Fazit & Bewertung
7. Video & Galerie


1. Verpackung & Zubehör


Zurück zum Inhalt

Das Verpackungskonzept des Kopfhörers gefällt mir. Den Kopfhörer in eine Klappschachtel zu betten, ist jetzt keine neue Erfindung, doch der Verschluss mittels umlaufenden Klettband sorgt dafür, dass der Karton nicht sofort beim Öffnen die ersten Risse bekommt wie es oft bei Verpackungen mit Klemmlaschen der Fall ist. Einmal geöffnet und schon ist die Verpackung beschädigt oder zumindest unansehnlich.

Im Karton befindet sich neben dem Kopfhörer ein Stoffbeutel, ein Austrian Audio Sticker und eine Tüte mit dem 3m langen Kopfhörerkabel nebst Adapter von 3,5mm auf 6,3mm Stereo-Klinke. Das ist alles.

Der Neumann NDH20 beispielsweise wird bis auf ein zweites Kabel auch nicht mit mehr Inhalt geliefert und so muss sich der Hi-X55 mit seinem Preis von 299€ nicht verstecken.


2. Design & Verarbeitung


Zurück zum Inhalt

Der Hi-X55 erinnert mich an den AKG K551, den ich vor einigen Jahren besessen habe. Sowohl die Konstruktion des Bügels als auch die Abstimmung des aktuellen Kopfhörers der Austrian Audio Ingenieure haben bei mir ein Dejavu ausgelöst.
Das Kopfband aus breitem, flachem Federstahl und die ausziehbaren Enden auf jeder Seite ist von früheren AKG Kopfhörern bekannt. Beim Hi-X55 ist der mechanische Mechanismus nun aber absolut ausgereift und wirkt einfach überzeugender, als es mir von damals in Erinnerung ist. Das Kopfpolster ist mit Klettband angebracht und somit austauschbar.

Vorbildlich: Klettband zur Fixierung der Polsterung des Kopfbandes


Die ovalen Ohrpolster sind ebenfalls auf sehr einfache Weise eingeclippt und und somit wechselbar. Es zeigt sich, dass trotz der schmalen und recht kleinen Cups mit dem 44mm Treiber sehr viel Platz für die Ohren ist, denn Austrian Audio hat die aus Memory-Foam bestehenden Polster innen verjüngt und so gut 1cm in Höhe und Breite an Platz gewonnen. Die Auflgefläche am Kopf ist jedoch weiterhin zufriedenstellend breit.
Die Cups selbst sind dreh- und einfaltbar, so dass der Kopfhörer auf ein sehr geringes Packmass gebracht werden kann.

Von hinten gut zu sehen: verjüngte Seitenwände erweitern den Innenraum


Als Material kommt in Kombination Metall und Kunststoff zur Verwendung. Alles sehr gut verarbeitet und im Gegensatz zu Produktfotos wirkt der Hi-X55 in der Hand gehalten deutlich hochwertiger und robuster.
Insgesamt handelt es sich nicht um Weltraumtechnik, doch alles ist sehr wohl durchdacht und hochwertig.



3. Technik & Handhabung


Zurück zum Inhalt

Ich bin von dem Verstellmechanismus in dieser Ausführung nicht unbedingt ein Freund, denn jemand mit kleineren Händen als ich sie habe, wird die Seiten nicht einhändig verstellen können, zumindest wenn das Kopfband kleiner gestellt werden soll. Ist das Kopfband korrekt eingestellt, ist auch die Positionierung auf dem Kopf dank des breiten Kopfbandes sehr einfach und vor allem komfortabel. Auch nach längerer Tragezeit drückt nichts auf dem Kopf. Das gilt auch für den seitlichen Kopfbereich, denn der Hi-X55 erzeugt nur minimalen Anpressdruck. Das kann bei schnellen Bewegungen auch bei einem großen Kopf für ein Verrutschen sorgen, allerdings ist seine passive Schallisolierung trotzdem jederzeit mustergültig.
Mit nur 305 Gramm ist der Hi-X55 zudem recht leicht. Mit 25 Ohm Impedanz und einem Schalldruckpegel von ca. 102dB/mW ist er problemlos an jedem Smartphone oder DAP zu betreiben. Laut Hersteller decken die Schallwandler einen Bereich von 5-28k Hz ab. Die Zuspielung erfolgt über das 3m lange Kabel, welches ich für unterwegs einfach zu lang finde. Zudem verfügt der Kopfhörer über eine spezielle Kabelbuchse. Interessant ist, dass das Kabel vom AKG K361 mit seinem arretierbaren Stecker nicht passt, dafür aber ein Kabel vom Sennheiser Momentum.

Was das Kabel angeht, finde ich es schade, da ich aufgrund des absolut mobilen Designs und der sehr flexiblen Nutzungsmöglichkeit mir auch ein entsprechendes Kabel gewünscht hätte. Somit wäre der Hi-X55 kompromisslos universeller einsetzbar. Beim Neumann NDH20 wurde das beispielsweise mit einem zweites Kabel im Lieferumfang gelöst.


4. Spielpartner & Spielfreude


Zurück zum Inhalt

Sei es drum, das tut dem Klang keinen Abbruch. Schon am Smartphone zeigt der Hi-X55 was von ihm zu erwarten ist und am iBasso DX160 und erst recht am Fiio M15 legt er noch ein paar Prozentpünktchen zu.
Ich habe bereits kurz erwähnt, dass auch das Klangbild mich an meinen damaligen K551 erinnert. Der war mir damals aber insgesamt deutlich zu hell abgestimmt und auch insgesamt einfach zu unspektakulär für einen geschlossenen Kopfhörer. Auch der Hi-X55 ist kein bassbetonter Kopfhörer, zumindest nicht über den gesamten Bereich hinweg. Wenn vorhanden, spielt der Austrian Audio deutlich wahrnehmbar mit gleichbleibender Energie bis tief in den Basskeller hinab. Eine besondere Agilität und schönen Punch erhält er durch eine leichte Betonung des Oberbasses. Für gewöhnlich gefällt mir das nicht so gut, denn oft klingt das künstlich aufgebläht. Nicht so beim Hi-X55. Im Gegenteil, würde er das so nicht machen, dann wäre er langweilig. Hier hat es das Entwickler-Team verstanden dem Kopfhörer bei aller Neutralität das gewisse Etwas einzuhauchen.

Als geschlossener Kopfhörer spielt der Hi-X55 übrigens sehr räumlich und offen klingend. Das möchte ich schon mit dem Denon AH-D7200 vergleichen, der mich in diesem Aspekt ebenfalls sehr überzeugt, jedoch deutlich mehr kostet und nicht ganz so gut passiv abschottet. Setze ich beim Hi-X55 einen Equalizer ein, um ihn etwas fetter spielen zu lassen, fällt jedoch auch die Bühne in sich zusammen. Bleibt die Anhebung im Bass moderat und unterhalb 100 Hz, ändert sich seine räumliche Präsentation jedoch nur kaum merkbar.

hier am Audiovalve Luminare


Hinweis:
An dieser Stelle der Hinweis zur Gefahr, sich beim Aussetzen zu hoher Lautstärke das Gehör nachhaltig schädigen zu können. Das gilt für die Benutzung von Kopfhörern im Allgemeinen.




5. Klang & Klangvergleich


Zurück zum Inhalt

Da klingt im direkten Vergleich der Audio Technica MSR7b schlicht und ergreifend „boomiger“ und auch deutlich mehr nach Badewanne.
Letzteres liegt wiederum daran, dass der Hi-X55 eine Betonung im Bereich um 1,2k Hz mitbringt, was sicherlich nicht jedem gefallen wird. Das macht insgesamt aber Stimmen deutlich klarer und erinnert mich etwas an die Lambda Serie der STAX Kopfhörer, die ebenfalls in dem Bereich eine Betonung aufweisen. Die anschließende Senke bis zu knapp 4k Hz und einer weiteren Betonung bei 7k Hz lässt den Hi-X55 sehr klar und strukturiert klingen. Nach den Messungen habe ich bewußt versucht heraus zu finden, ob ich ausmachen kann, ob mir am Klangbild bei der gemessenen Berg- und Talfahrt irgendetwas fehlt. Erstaunlicher Weise finde ich im Gesamtbild nichts, was ich dem Kopfhörer negativ auslegen wollen würde. Wie schon geschrieben, er klingt insgesamt sehr klar und aufgeräumt, ganz im Gegensatz zum AKG K361, ebenfalls ein Studio-Kopfhörer jedoch mit deutlich präsenterem Bassbereich und geringerem Auflösungsvermögen und somit auch wärmerer Abstimmung.
Der Hi-X55 flasht mich da deutlich mehr. Er erinnert mich in Punkte Klarheit und Transparenz sehr an den Neumann NDH20, der seinerseits aber für einen Studio-Kopfhörer ebenfalls recht bassintensiv daher kommt.



Der Austrian Audio Hi-X55 klingt insgesamt schlank ohne wirklich bassarm zu sein. Das verdankt er seinem sehr guten Punch und den gezielt eingesetzten Betonungen in den Mitten und im Hochton. Wer ihn etwas kräftiger erleben möchte, der gibt ihm per EQ unterhalb von 100Hz einfach 2-3 dB mehr Energie. Wird es mehr, dann verliert er seinen Charakter, der ihn für mich interessant macht.

Er ist vielleicht auch gerade deswegen mit allen bereits angesprochenen Kopfhörern nicht wirklich vergleichbar. Entweder sind sie badewannier abgestimmt oder insgesamt deutlich heller. Das macht den Hi-X55 in gewisser Weise einzigartig. Der einzige Vergleich, bei dem ich die größte Parallele hinsichtlich des Klangbildes ziehen kann, ist tatsächlich sehr unkonventionell und ist mir sehr spontan in den Sinn gekommen. Im direkten Vergleich hat sich dass dann auch bestätigt.
Einen ebenso überraschenden Eindruck machte und macht immer noch auf mich der Etymotic ER2SE, der allerdings ein InEar-Kopfhörer ist. Ich möchte fast sagen, beide sind sich sehr ähnlich, wobei der Hi-X55 einen hauch spaßiger – wenn ich das überhaupt so nennen kann – gesoundet ist. Der Hi-X55 bringt jedoch den gewaltigen Vorteil der tollen Bühnenpräsenz mit. Da wo der Etymitc tatsächlich eher im Kopf spielt, klingt der Austrian Audio Kopfhörer deutlich plastischer.
Beide Klangerzeuger spielen im besten Sinn neutral-nüchtern auf, ohne dass Informationen verloren gehen und ohne Treble-Head Kopfhörer zu sein.

Die Auflösung des Hi-X55 ist sehr gut. Für den Preis unter 300€ dürfte es da keinen besseren geben. Er spielt da auch locker im Bereich bis 1.000€ mit. Ein Beyerdynamic T5p ist nicht weniger gesoundet, auch wenn er eine ganz andere Abstimmung hat. Ohne besondere Maßnahmen gefällt mir der Hi-X55 sogar besser als der Beyerdynamic out of the box.


6. Fazit & Bewertung


Zurück zum Inhalt


Der Austrian Audio Kopfhörer macht es mir nicht leicht. Es ist sicherlich aufgefallen, dass ich ihn mit einigen anderen Kopfhörern verglichen habe, ein wahrer bunter Blumenstrauß von Kopfhörern. Und doch kann ich keine konkrete Aussage treffen, mit welchem er am ehesten vergleichbar ist aus der Riege der OverEar-Kopfhörer. Was der Hi-X55 macht, gefällt mir sehr, sehr gut. Auch wenn ich persönlich etwas mehr Energie im Tiefbass bevorzuge, überzeugt mich der Hi-X55 durchweg. Aus meiner Sicht ist er einer der besten Kopfhörer für einen Preis von unter 300€ und das sogar, ohne dass auf audiophile Ansprüche verwiesen und ohne, dass er mit Superlativen beworben wird. Ein Studio-Kopfhörer, der gekonnt in die akustische Trickkiste greift und keine Details vermissen lässt… bis vielleicht auf ein wenig Tiefbass. 🙂

Und nicht nur wegen seines vergleichsweise günstigen Preises ist er eine unbedingte Empfehlung für alle, die einen portablen, robusten und im besten Sinn neutral und sehr räumlich spielenden, geschlossenen Kopfhörer suchen!



Bewertung


  • 90%
    Tiefbass - 90%
  • 92%
    Bass - 92%
  • 94%
    Mitten / Stimmen - 94%
  • 94%
    Mitten / Instrumente - 94%
  • 94%
    Obere Mitten - 94%
  • 96%
    Brillanz / Hochton - 96%
  • 96%
    Auflösung / Transparenz / Separation - 96%
  • 94%
    Dynamik - 94%
  • 96%
    Räumlichkeit - 96%
  • 98%
    Design / Konstruktion / Verarbeitung - 98%
  • 94%
    Tragekomfort - 94%
  • 98%
    Preis/Leistung - 98%
94.7%

7. Galerie


Zurück zum Inhalt

Klangfreund"M"

Klangfreund"M"

gelernter Radio- und Fernsehtechniker und ein Klangfreund mit Leidenschaft zu Kopfhörern, DAPs und sonstigen Miniklangwundern; liebt eine ordentliche Reproduktion satter Bässe, ausgewogene Wiedergabe von Stimmen und Instrumenten, entspannter Hochton mit akzentuierter Brillanz, kurz TP-Signatur; OverEar-Lineup: Dan Clar Audio Expanse, Meze Empyrean 2, Hifiman HE1000SE, HEDDphone 2, Hifiman Audivina, Dan Clar Audio E3; InEar-Lineup: Headphone Company Zeitgeist Blue, Sennheiser IE600, iBasso iT07; Dauerhaft eingesetzte DAPs: Cayin N8ii, iBasso DX320 Max TI; Kopfhörerverstärker im Bestand: Cayin HA-3A, RME ADI 2/4 Pro SE, ifi Audio GO Bar