Lasmex H-95 Kopfhörer Modding – Das DIY-Projekt – 1. Teil

DIY Projekte, also „Do it yourself“-Projekte, sind beliebt wie nie! Warum sich nicht einfach einmal um den eigenen optimalen Kopfhörer kümmern?

Mit diesem Artikel möchte ich euch vorstellen, wie mit einer übersichtlichen Investition, handwerklichem Geschick und etwas Geduld ein Kopfhörer entstehen kann, der fast allen Geschmäckern gerecht wird. Wie das geht? Das Zauberwort lautet „Modding“.

 

Zur Einstimmung

Wer mehrere hundert oder gar tausend Euro in einen Kopfhörer investiert, der wird selbst wohl nicht zu Lasten der Gewährleistung Hand an diesen anlegen, um ihn klanglich verändern zu wollen. Ein solcher Kopfhörer muss einfach zur eigenen Vorliebe passen, sonst kauft man sich den nicht. Punkt!

Dennoch muss man nicht 300€ und mehr ausgeben, um einen gut klingenden Kopfhörer zu Hause zu haben. Es gibt Kopfhörer für 20 bis 30 Euro, wie die von Superlux, die schon für einen Einstieg geeignet sind. Insbesondere wer aus dem mobilen Bereich kleiner und leichter Kopfhörer kommt, kann sich so erst einmal an den neuen Formfaktor „Over Ear“ und modellabhängig auch mit bis zu mehreren hundert Gramm Gewicht auf dem Kopf vertraut machen.

Preislich nach oben gibt es keine Grenzen und das Angebot an Kopfhörern ist in Summe schlicht unübersichtlich. Das ändert sich ein wenig, sobald man bereit ist mindestens zwei- bis dreihundert Euro zu investieren. Dennoch reden wir dann von mindestens ein paar dutzend Modellen. Nur wenige Menschen werden diese alle einmal zur Probe hören können. Wie also herausbekommen, welchen Klang man mag?

Es gibt viele Seiten im Netz die aufklären und ich persönlich lese mit höchstem Interesse stets auf www.innerfidelity.com die Berichte von Tyll Hertsens. Dort präsentiert er auch stets Messungen seiner Probanden und ab und an wundert er sich selbst, dass sich ein Kopfhörer doch irgendwie anders anhört als er es von den Messwerten erwartet hätte.

Unterm Strich steht also immer wieder eine Sache fest, was man tun muss, um seinen Kopfhörer zu finden: Ausprobieren!

 

Das Ziel

Stellen wir uns nun vor, wir könnte dieses „Ausprobieren“ ganz bequem zu Hause haben.

Ich rede nicht von dutzenden Kopfhörern, die auf dem Tisch in der Reihe liegen, sondern lediglich von einem Kopfhörer, der sich nach der eigenen Vorliebe verändern lässt. Am Ende gibt es das eine Ergebnis, was jedem subjektiv am besten gefällt und das ist dann der höchstpersönlich eigene Mod dieses Kopfhörers.

 

Die Grundlagen

Mit diesem Hintergedanken schaue ich mir immer Kopfhörer an, die ich in die Finger bekomme. Wichtig ist, dass eine gewisse Grundsubstanz mit Potential vorhanden ist. Damit meine ich, ein solcher Kopfhörer sollte robust sein, ein offenes System – schließen kann man es ja selbst beim Modding – und möglichst gute Lautsprecher integriert haben.

Allein für Kopfhörer mit guter Hardware muss man oft schon in die „200€ Kiste“ schauen.

Dazu kommt dann auch noch, dass in der klanglichen Grundabstimmung bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit die Kopfhörer sich auch gut modifizieren lassen. Dazu aber später mehr, wenn es ins Detail gehrt. Idealerweise sollten Veränderungen am Kopfhörer und somit auch am Klangbild mit wenig Fachwissen und ohne Messstationen reproduzierbar sein. Genau so ein Kopfhörer ist mir bis jetzt nicht in die Hände gekommen.

Doch wie es der Zufall will, bin ich über einen Umweg an einen schon seit 2014 auf dem Markt erhältlichen Kopfhörer gestoßen, der aus meiner Sicht ideale Eigenschaften mitbringt und zudem mittlerweile für 40-60€ immer mal wieder zu haben ist. Zuletzt gab es ihn über einen Online-Shop mit entsprechenden Gutscheinen schon für unter 20€! Also in dem speziellen Fall überlegt man nicht lange.

Es handelt sich um den Lasmex H-95.

 

Aber warum gerade dieser Kopfhörer?

Über Massdrop bin ich zunächst auf den Lasmex L-85 aufmerksam geworden. Die Kommentare dort bescheinigten ihm sagenhafte Eigenschaften. Ein unter 100$ Kopfhörer von dem einige Käufer behaupten, gefühlt haben sie mit dem mindestens 200 bis 300$ gespart. Schnell fand ich heraus, dass es den L-85 auch frei käuflich in diversen Online-Shops bei uns für einen attraktiven Preis gibt. Ich konnte ihn für unter 50€ erstehen. Ausschlaggebend waren einige wenige Berichte, denen ich glauben wollte, dass die Verarbeitung hervorragend ist und viel wichtiger, er klanglich direkt mit dem Philips Fidelio X1 verglichen wurde. Da ich selbst bis vor kurzer Zeit den Nachfolger, den Philips Fidelio X2 besessen und sehr gemocht habe, wusste ich also, von was da gesprochen wird. Ich dachte mir, dass der mit ein wenig Modding vielleicht sogar an den X2 (unten dargestellt in Blau)  heran kommen könnte und das für nur 50€ Investition. Allerdings ist der L-85 (in Grün dargestellt) so intensiv im Bass und im Hochton und zudem mit einem ordentlichen Buckel, eher schon ein Berg, bei 5kHz ausgestattet, dass ich mit einfachen Veränderungen bei dem nicht ans Ziel komme.

Zur Erinnerung, mein Ziel war es einen 50€ X2-Klon zu erschaffen. Mit dem L-85 leider keine Chance. Mit Velour Polstern bekam ich zwar den 5kHz Buckel weg, doch ich wollte keine 40€ für passende Pads zusätzlich ausgeben. Meine Polster musste ich provisorisch ankleben. Provisorien als Dauerlösung mag ich jedoch nicht und würde das auch nicht zum Reproduzieren als gangbare Lösung vorstellen.

Ein Blick auf die Seite des Händlers zeigte mir dann, dass es noch den Lasmex H-95 (in Rot dargestellt) gibt, ein Modell, dass es wie bereits genannt schon seit 2014 auf dem Markt gibt. Optisch gefiel er mir sogar noch besser als der L-85. Einzig die fest verdrahteten Kabel des H-95 fand ich nicht so schön und stellte ihn erst einmal zurück. Als ich aber ein paar Tage später bemerkte, dass der auch nur um 40€ kostet und sogar in einer Aktion für gerade einmal unter 20€ erhältlich war, da habe ich einfach zugeschlagen. Allein neue Ohrpolster kosten oftmals ja schon mehr. 😉

Nachdem der H-95 dann angekommen war und ich ihn in Betrieb genommen hatte, bemerkte ich schon beim ersten Lied, dass er deutlich gemäßigter zu Werke geht als der L-85 und trotzdem ähnlich in seiner Signatur klingt. Diese Signatur hörte sich schon sehr verwand zu den Fidelios an. Also habe ich mich vergewissert und festgestellt, auch hier scheinen genau die gleichen Treiber eingebaut zu sein wie bei dem Philips Fidelio X1 repektive X2 und dem Lasmex L-85. Die visuelle Inspektion wird zudem gestützt durch die Messungen, die ich im Anschluss vorgenommen hatte.

 

Die Kurven habe ich bewusst etwas voneinander entfernt zur besseren Übersichtlichkeit dargestellt.

Die Frequenzverläufe der Kopfhörer ähneln sich doch sehr, wobei der L-85 schon arg „verbogen“, schon fast V-förmig ist. Der H-95 liegt deutlich näher an der Kurve des X2, langt im Mitten- und Hochtonbereich jedoch schon noch etwas mehr zu. Im Bassbereich gefällt es mir, dass der H-95 sogar leicht betonter spielt und sogar den Tiefbass noch tiefer abbildet. Wie schön zu sehen ist, braucht man sich grob nur um den Bereich von 1kHz aufwärts bis 20kHz zu kümmern. Sehr angenehm dabei ist, dass der H-95 vieles in dem Bereich zu „gut“ meint und nahezu alle Teilbereiche deutlich betonter wiedergibt. So braucht es „nur“ eine geschickte Dämpfung oberhalb 1kHz. Eine Mischung aus linearer und schmalbandiger Dämpfungen von einzelnen Bereichen ist notwendig, um ein sehr gutes Ergebnis zu erreichen.

Wie es immer so schön heißt: „Dranschneiden geht nicht!“ So ist das auch beim Klangtuning. Wenn die Treiber nichts bringen, kann man nichts hervorzaubern, was nicht da ist. Beim H-95 ist das anders, denn der haut raus was das Zeug hält. Und so lässt es sich prima mit verschiedenen Materialien experimentieren, wie man den rechten Teil der Kurve einfach nach unten auf das Niveau des X2 gedrückt bekommt.

Im nächsten Teil meines DIY-Kopfhörer-Projekts werde ich dann genauer beschreiben, welche Materialien ich wofür benutzt, um mindestens das Ergebnis zu erhalten, was wie folgt zu sehen ist.

Natürlich sind die Kurven des X2 und des H-95 auch nach meinem ersten Modding-Versuch nicht deckungsgleich. Das ist aber auch nicht das Ziel gewesen, sondern mit den für 20€ gekauften Kopfhörer auf das Niveau des X2 zu kommen, das war mein Ziel. Die Messungen zeigen, dass ich da auf dem besten Weg bin. Ich muss gestehen, dass mir der X2 im Hochton in Bereichen auch schon etwas zu „scharf“ war, das habe ich gleich noch etwas nach meinem Geschmack abgemildert.

Was ich ganz genau am Kopfhörer verändert habe, das werde ich im 2. Teil genauer beschreiben…

 

 

 

…hier schon einmal die Einkaufsliste für alle, die das selbst auch ausprobieren möchten

  1. Lasmex H-95
  2. Kaffee-Filter Typ 4
  3. Papiertaschentücher
  4. Kugelschreiber
  5. Schere
  6. Lineal/Zirkel
  7. dünner Klebestift
  8. Tesafilm
  9. Dosenlocher*

*statt eines Dosenlocher funktionieren auch verschieden dicke und spitze Gegenstände bis Durchmesser 4mm, z.B. Zahnstocher, Fleischnadel, usw.

Klangfreund"M"

gelernter Radio- und Fernsehtechniker und ein Klangfreund mit Leidenschaft zu Kopfhörern, DAPs und sonstigen Miniklangwundern; liebt eine ordentliche Reproduktion satter Bässe, ausgewogene Wiedergabe von Stimmen und Instrumenten, entspannter Hochton mit akzentuierter Brillanz, kurz TP-Signatur; OverEar-Lineup: Dan Clar Audio Expanse, Meze Empyrean 2, Hifiman HE1000SE, HEDDphone 2, Hifiman Audivina, Dan Clar Audio E3; InEar-Lineup: Headphone Company Zeitgeist Blue, Sennheiser IE600, iBasso iT07; Dauerhaft eingesetzte DAPs: Cayin N8ii, iBasso DX320 Max TI; Kopfhörerverstärker im Bestand: Cayin HA-3A, RME ADI 2/4 Pro SE, ifi Audio GO Bar