Schiit Valhalla 2 im Test – Analoger Röhren-Kopfhörerverstärker

Ein Audio-Verstärker sollte idealer Weise über den hörbaren Frequenzbereich hinweg linear verstärken. Entsprechend der technischen Angaben fast aller Hersteller, leisten das auch die meisten Verstärker, egal ob Digital- oder Röhrentechnik. Trotzdem wird Röhrenverstärkern nachgesagt, dass sie anders klingen. Oft wird deren Klang als wärmer und entspannter bezeichnet. Für Verfechter der analogen Technik sind Röhrenverstärker im Prinzip auch die einzige Möglichkeit, Klang mit einer rein analogen Wiedergabekette bis hin zu den Lautsprechern aufzubereiten.

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Der Schiit Valhalla 2 ist der erste Voll-Röhrenverstärker, den ich längere Zeit testen konnte. Was er bei mir für einen Eindruck hinterlässt, darüber berichte ich in diesem Artikel.

 

 

Kleiner Exkurs vorab

 

Ohne im Detail auf grundlegende Unterschiede der digitalen und analogen Technik weiter einzugehen, darf ich sagen, dass mit der digitalen Technik Möglichkeiten eröffnet wurden, die mit Röhren so nicht möglich gewesen wären. Wer kann sich ein Notebook in Röhrentechnik vorstellen?

Speziell im Bereich der Musik wird das Thema sehr interessant, ob Röhrenverstärker Vorteile bringen oder nicht. Letzten Endes geht es im akustischen Bereich um Gefallen und Nichtgefallen. Um das durch unseren auditiven Sinn ausgelöste Empfinden zu beschreiben, benutzen wir gern Vergleiche entliehen aus dem visuellen oder taktilen Bereich. Riechen und Schmecken spielen dabei eine eher untergeordnete Rolle.

Ganz oft beschreiben wir was uns gefällt oder nicht, indem wir von der Klangfarbe, der Breite der Bühne, dem Raum, der Brillanz, der Wärme und auch der Kälte sprechen. Manchmal wirkt einiges auch eckig oder rund. Wenn auch weit hergeholt, ist gerade die letzte Beschreibung „eckig“ sogar visuell verständlich.

Nehmen wir ein Rechtecksignal im Bereich des hörbaren Bereiches. Wer so ein Signal z.B. mit einem Tongenerator erzeugt einmal gehört hat, hört diese bildlichen Ecken ganz spezifisch. Der Klang ist kühl, spitz, metallisch, zum Teil unangenehm. Das ist natürlich ein Extrembeispiel, niemand hört laufend einzelne Rechtecksignale an. Zum Verständnis, ein Rechtecksignal setzt sich im Prinzip zusammen aus einer Sinus-Grundfrequenz und der Addition der geradzahlige Obertöne oder auch ungeradzahligen Harmonischen.

Röhrenverstärker fokussieren jedoch im Bereich der ungeraden Obertöne oder auch geradzahligen Harmonischen und wirken dadurch tatsächlich weniger metallisch sondern frischer und runder.

 

Klangwiedergabe mit dem Schiit Valhalla 2

 

Mit dem Schiit Valhalla 2 lässt sich das oben Beschriebene für mein Empfinden sehr gut hörbar machen. Voraussetzung dafür ist allerdings auch die Nutzung eines recht „hell“ aufspielenden Kopfhörers. Mit dem AKG K240 ist dieser Effekt besser wahrnehmbar als mit dem HD660S. Es deutet sich hier schon an, dass ein Verstärker eben nur ein Teil in der gesamten Klangkette ausmacht.

Mit der Zuspielung eines 1kHz Rechteck-Signals auf den K240 ist für mein Empfinden jedenfalls ein deutlicher Unterschied zur rein digitalen Verstärkung zu hören. Natürlich ist das Signal als Rechtecksignal immer identifizierbar, dennoch klingt es mit der Röhre etwas abgemildert. Die Spitzen/Ecken sind da, jedoch „abgerundet“, weniger „metallisch“. Besser kann ich das an dieser Stelle nicht beschreiben. Ich bitte um Nachsicht. 😉 Mit dem HD660S ist dieser Effekt für mich nur im direkten Vergleich mit Hin- und Herschalten auszumachen, da dieser Kopfhörer insgesamt schon wärmer/runder abgestimmt ist.

 

Was bedeutet das nun aber beim Hören von Musik?

 

Allgemein ist es schon so, dass ich große Unterschiede in  Frequenzgemisch, genannt Musik, nicht unbedingt heraushören kann. Eher noch mit dem AKG K240 meine ich bei grenzwertigen Tracks etwas weniger „Zischen“ zu hören. Wie schon beim Test mit dem Rechtecksignal wirken Spitzen „angenehmer“, zumindest aber weniger nervend. Ich habe das Gefühl, dass teils die Musik etwas „luftiger“ klingt. Interessanter Weise profitieren alte Aufnahmen mit analogen Instrumenten davon am ehesten. Zudem klingt auch das Lagerfeuer vom Plattenspieler etwas milder.

In Bezug auf die Räumlichkeit oder der virtuellen Positionierung von Instrumenten mit einem Kopfhörer kann ich für mich jedoch keinen Unterschied feststellen.  Der Mythos Röhrenverstärker hält sich für mich daher in Grenzen, was Aussagen angeht, der Klang wäre damit unendlich authentischer, räumlicher oder durchhörbarer.

Ganz sicher ist für mich, dass Musik mit einem Röhrenverstärker zu hören etwas Romantisches und Ursprüngliches hat. Nostalgie pur!

 

Haptik & Technik

 

Mir gefällt beim Schiit Valhalla 2 besonders, dass nur die Röhren aus dem Gehäuse herausstehen. Derzeit ist es aus meiner Sicht eine Unart, dass zudem noch Türme zu sehen sind, in denen Elektronik wie Kondensatoren oder Übertrager aus dem Netzteilbereich verbaut sind. Der Schiit Valhalla 2 lenkt den Blick auf das Wesentliche, die Röhren. Die gerundete obere Kante der Front verleiht dem Design in Verbindung mit den Röhren etwas Edles. Die Seitenbleche finden sich als Abdeckblech auch im Bereich der Röhren wieder, das ist sehr stimmig. Mit knapp über 3kg Gewicht hat der Verstärker ein gutes Gewicht. Da fühlt man schwere Qualität.

Mit den Abmessungen 23cm x 15,5cm x 8,25cm (inkl. der herausragenden Röhren) ist der Schiit Valhalla 2 handlich und findet nahezu überall einen geeigneten Platz. Das silberfarbene Gehäuse weiß zu gefallen, wenn mir auch eine schwarze Variante mehr gefallen würde. Nach einiger Zeit leuchten die Röhren sehr schön und im Halbdunkel macht das richtig was her. Das macht einen großen Teil der Nostalgie dieses Kopfhörerverstärkers aus.

Da es sich um einen analogen Verstärker handelt, gibt es auch nur begrenzte Möglichkeiten der Zuspielung. Mittels Line in und Out Cinch-Buchsen wird das analoge Signal verarbeitet. Spielt man von einem DAP zu, einfach den Line-Out benutzen und am Schiit auf Line-In damit bespielen.

In Sachen Leistung ist der Schiit Valhalla 2 toll dimensioniert. Bei sehr vielen Kopfhörerverstärkern ist die maximale Leistung bei 16 oder 32 Ohm angegeben. Fast immer wird mit steigender Impedanz die Leistung geringer, so das am Ende bei 600 Ohm nur noch wenige Milliwatt übrig bleiben. Das allein hat noch keine Aussage darüber, wie laut der Verstärker einen Kopfhörer antreiben kann, denn das hängt letzten Endes von seinem Wirkungsgrad ab. Möchte ich beispielsweise einen 600 Ohm Kopfhörer mit einem (geringen) Wirkungsgrad von 90dB pro 1mW auf 110dB Disco-Lautstärke bringen, benötige ich 100mW Verstärkerleistung. Der Schiit Valhalla 2 stellt bei 600 Ohm 450mW zur Verfügung, was  etwa 26,5dB entspricht. und somit etwa 50% lauter als Disco-Lautstärke ist.

Bei Kopfhörern mit 300 Ohm kann er den Pegel der Lautstärke um satte 29dB anheben und an 32 Ohm um 22,5dB.

Der schon genannte AKG K240 Kopfhörer hat eine Impedanz von 55 Ohm und einen Schalldruckpegel von 90,6dB. In einigen Bewertungen wird er als mit 55 Ohm am Smartphone betreibbar angegeben. Das zweifele ich an, da viele Smartphones keine 20dB Verstärkung schaffen. Mit nur 20dB Zunahme gerechnet, erreicht er knapp 110dB, was bei leisen Aufnahmen oft zu wenig sein kann. Der Schiit Valhalla 2 sollte gut 25dB schaffen. Subjektiv treibt er den K240 hervorragend an, auch wenn ich für lautes Hören den Regler auf 3-Uhr-Stellung drehen muss.

 

Den HD660S treibt der Schiit Valhalla 2 so laut an, dass mein persönliches Maximum da bereits bei der Reglerstellung von 12 Uhr erreicht ist.

Um Klirren und Verzerrungen mache ich mir an dieser Stelle gar keine Gedanken, denn mir ist nichts aufgefallen, was bemerkenswert im Sinne von „hörbar“ gewesen wäre.

Mit 40W Leistungsaufnahme ist der Schiit Valhalla 2 für einen reinen analogen Kopfhörerverstärker recht anspruchsvoll. Der Großteil der Energie wird in Wärme umgewandelt, so dass schon nach 30 Minuten das Gehäuse komplett aufgewärmt ist. Selbst der Lautstärkeregler wird irritierend warm. Die größeren Röhren werden dabei sehr warm und sind mit bloßen Fingern kaum mehr längere Zeit anfassbar. Diese Wärmeentwicklung hat bei dem Gerät, welches ich hier getestet habe, dazu geführt, dass die aufgeklebten Füßen verrutschen und sogar abfallen. Der Kleber wird einfach zu weich und hält nicht mehr korrekt. Abhilfe schafft hier neues doppelseitiges Klebeband.

 

Fazit

 

Wie schon erwähnt ist der Schiit Valhalla 2 nicht nur ein absolut nostalgischer Kopfhörerverstärker sondern er überzeugt mit seinen Leistungsdaten und der Skalierung des Regelbereiches entsprechend der anzutreibenden Impedanzen. Es ist nahezu egal, welcher Kopfhörer an ihm betrieben wird, der erreichte Lautstärkepegel mit Kopfhörern von 16 bis 600 Ohm variiert nur gering. Sollte dennoch etwas zu viel Leistung vorhanden sein, lässt sich der Gain entsprechend umschalten. Einzig die Leistungsaufnahme mit 40W ist sehr ordentlich, wenn auch nicht verwunderlich, denn die Röhren wollen gut beheizt werden, damit sie auch tadellos funktionieren. Wer damit leben kann, dass sich der komplette Verstärker sehr aufheizt und die Röhren vor Berührung nicht geschützt sind, der hat mit dem Schiit Valhalla 2 für nahezu alle gängigen Kopfhörer, dynamisch oder magnetostatisch angetrieben, einen hervorragenden analogen Kopfhörerverstärker mit Röhren-Technik mit hoher Leistung und seht gutem Klang!

 

  • 95%
    Klang - 95%
  • 85%
    Technik - 85%
  • 80%
    Verarbeitung - 80%
87%

 

 

Klangfreund"M"

Klangfreund"M"

gelernter Radio- und Fernsehtechniker und ein Klangfreund mit Leidenschaft zu Kopfhörern, DAPs und sonstigen Miniklangwundern; liebt eine ordentliche Reproduktion satter Bässe, ausgewogene Wiedergabe von Stimmen und Instrumenten, entspannter Hochton mit akzentuierter Brillanz, kurz TP-Signatur; OverEar-Lineup: Dan Clar Audio Expanse, Meze Empyrean 2, Hifiman HE1000SE, HEDDphone 2, Hifiman Audivina, Dan Clar Audio E3; InEar-Lineup: Headphone Company Zeitgeist Blue, Sennheiser IE600, iBasso iT07; Dauerhaft eingesetzte DAPs: Cayin N8ii, iBasso DX320 Max TI; Kopfhörerverstärker im Bestand: Cayin HA-3A, RME ADI 2/4 Pro SE, ifi Audio GO Bar