Kaldas Research RR1 Conquest im Test – Elektrostatischer Kopfhörer aus Indien

Seit einiger Zeit gibt es in einigen Foren Berichte zum RR1 Konquest, ein Elektrostat aus Indien. Aufträge werden auf Anfrage angenommen, der Online-Shop befindet sich noch in Aufbau. Und dennoch haben es bereits einige dieser Kopfhörer bis nach Deutschland geschafft. Mit der Seriennummer 30 durfte ich mich im Rahmen dieses Artikels beschäftigen…


Vorwort

Zunächst einmal geht mein Dank an Dieter „Hadisch“, der unter anderem auch bei Prof-X zu finden ist. Er hat mir den RR1 für über eine Woche überlassen, obwohl er ihn täglich nutzt. Er selbst ist absolut begeistert vom RR1 und wollte unbedingt wissen, was ich davon halte.

Da mir also im Vergleich zu sonst einfach sehr wenig Zeit mit dem RR1 zur Verfügung steht und ich mir aus eigenem Interesse den Kopfhörer in erster Linie anhören möchte, ohne ihn möglichst objektiv zu untersuchen, um dann dann alle Einzelheiten im Detail beschreiben zu müssen, wird dieser Artikel eher spontan ausfallen und vielleicht auch etwa unstrukturiert sein, eher ein wenig wie ein spontaner Blog.

Dann mal los…


Tag 1 – Die Ankunft


Samstag, 04. Januar 2020

12:30 Uhr

Nach nur zwei Tagen schafft es DHL mir den RR1 um die Mittagszeit zuzustellen. Angekündigt war er für den darauf folgenden Montag. Also umso besser, dass ich ihn schon am Wochenende hören kann. 🙂
Bei der Entgegennahme des eiskalten Paketes wird schnell klar, dass der RR1 erst einmal akklimatisieren muss und so habe ich mich entschlossen, ihn nach dem Auszupacken ein paar Stunden stehen zu lassen.

Dabei habe ich ihn mir näher angesehen und schnell noch eine RR1-Checkliste erstellt.

  • auf Störgeräusche im Tiefbass prüfen – wurde im Forum negativ angesprochen
  • auf Treiberknacken achten
  • auf spezielle Konstruktion achten – 3D-Drucker und alles fest verschraubt?
  • sonstige Auffälligkeiten dokumenieren
  • alle normalen Testpunkte abarbeiten – Qualität, Verarbeitung, Tragekomfort, Gewicht und natürlich Klang

Da es sich um die „einfache“ Version des RR1 handelt, wird er in komplett Schwarz in einem Karton in einem Karton in einem Karton geliefert. Gegen Aufpreis bekäme man ihn wohl mit und in einem Präsentationscase im Karton geliefert. 🙂


15:30 Uhr

Der Kopfhörer hat Zimmertemperatur erreicht und einem ersten Hören sollte nichts entgegen sprechen. Meine Eindrücke hatte ich quasi online wöhrend des Hörens im RR1-Threat im Prof-X Forum dokumentiert und im nahezu Minuten-Takt veröffentlicht. NTS Dokumentation pur!
Hier die Zusammenfassung.

16:09 Uhr

Gleich beim ersten Titel, „to the beach“ von Afterlife, und dessen ersten Töne dachte ich mir:
„Boah, geht der tief in den Kelle und was für ein Druck!“
Richtiges Subwoofer-Feeling, das muss man mögen.
Die Stax Lambda haben diese Energie im Ultra-Tiefbass so nicht.
Mitten und Höhen gefallen mir für das erste Reinhören auch absolut gut.

16:35 Uhr

So, jetzt habe ich mir mal den MrSpeaker Voce zum Vergleich hergenommen.
Lassen wir mal den Preis außen vor.

Der RR1 geht deutlich tiefer im Sub-Bass, lässt jegliche aktuelle Musik dadurch immer etwas wie im Kino klingen. Muss man mögen.
Selbst Pink Floyd klingt da etwas „aufbereitet“. Selbst bei Nervana 1994 ist dieser Effekt leicht vorhanden. Mit jedem Tritt der Bass-Drum ist ein leichter Tiefbass-Nachhall zu spüren. Das empfinde ich als durchaus ziemlich geil. Quasi körperlich ähnlich wie live vor der Bühne.
Was mir jedoch auffällt, dass die E-Gitarre gegenüber dem Keyboard etwas zurück steht. Der Gitarrist müsste einen guten Meter näher zu mir kommen. Dieser Tiefbass-Nachhall ist beim Voce nur als Hauch vorhanden. Dafür ist der Gitarrist präsenter. Hier klingt der Voce einfach etwas knackiger und direkter. Im Bereich obere Mitten und Hochton schenken sich beide nichts. Hier ist der RR1 schon absolut top. Dennoch meine ich, der Voce hat in der Brillanz einen Mü mehr an Relaxtheit. Beide klingen seidig angenehm bei höchster Auflösung. Der Voce klingt mir persönlich aber etwas ausgewogener, der RR1 tendiert etwas ins Kühle – ohne wirklich kühl zu sein.
Auch wenn der Messschrieb zur Seriennummer 30 des RR1 etwas anderes sagt, empfinde ich den aufgrund des mächtigen Tieffbasses sogar in den Mitten leicht „badewannig“, was aber nicht negativ gemeint ist. Das ist bei genaueren Hinhören diesem körperlichen Tiefbass geschuldet.

Beide Kopfhörer sind der Hammer und wenn ich überlege, dass der RR1 für knapp 650€ kompletto zu haben ist… WOW.
Eigentlich ist der RR1 ein Must-Have für Fans (aus meiner Erinnerung heraus) eines Klangtunings ähnlich eines Denon AH-D9200. Der RR1 ist da in den Mitten trotzdem noch besser unterwegs. Der Denon klang ein wenig „hohl“ für mich, der RR1 definitv nicht.

16:49 Uhr

Es geht weiter…

Der Voce spielt etwas „offener“ und separiert ein wenig mehr die Instrumente und dessen Bühne ist größer. Der RR1 bietet dafür das intimere Klangerlebnis. Stimmen hebt er Voce etwas mehr hervor. Ob Patricia Barber, Gregory Porter, Udo Dirkschneider – um mal aus einer ganz anderen Ecke zu kommen. 😉

Oder Doro… mit dem Voce ist das tatsächlich etwas „echter“. Als Beispiel bei „Für immer“ mit der orchestralen Instrumentierung, da macht der RR1 etwas zuviel um den Gesang drumherum. Da klingt es, als haben die Instrumente das ganze Lied hindurch ein „Solo“.
Das hat nun aber nichts mit der technischen Abbildung zu tun, sondern das ist nun meine rein subjektive Bewertung der Signatur.

Bei Haywyre, Oliver Koletzki, Elektronik im Allgemeinen und sogar bei Scheiben wie Telegraph Road von den Dire Straits kommt das jedoch wieder absolut genial rüber. Hier unterstreicht der RR1 die Musik regelrecht.

Bei Haywyre gibt es regelrechten Zug und Druck auf die Ohren, Disco-Feeling auch ohne Disco-Lautstärke. Grandios macht das der RR1!


17:14 Uhr

Ich habe mir auch mal auf Hinweis von Staxi diesen Donna Summer Song „i feel love“ im (sterac instrumental dub edit) angehört und auch mal Sinus Töne zugespielt. Und ja, schon bei recht geringer Lautstärke, produziert der Hörer Geräusche fernab der Musik.

Diese Geräusche kann ich aber sofort als Klappern usw. von Mechanikteilen identifizieren, die in Resonanz beginnen mitzuschwingen.
Selbst 15Hz werden vom RR1 mühelos „wiedergegeben“, das spürt man an den Ohren und höre ich am Klappern links am Hörer.
Bei etwa 50Hz gibt es auch ein Störgeräusch rechts.

Beide Geräusche scheinen aus den Hörergehäusen (nachträglich geändert) selbst zu kommen, doch die Treiber machen da nichts und auch im Hörer klappert nichts.

Absolut banal. Es ist die Verriegelung und der Kunststoff-Pin der XLR-Stecker, die anfangen zu klappern. das Hört man ziemlich deutlich auch im Song an einigen Stellen. Ich brauche nur das Gehäuse des Stecker leicht verwinden und den Finger auf den Kunststoff-Pin zu legen und sofort sind die Störgeräusche verschwunden. Bei dem von Dieter hat es gereicht, am Stecker das Klemm-Element einfach leicht abzuziehen. Das sitzt dann so satt in der Buchse, dass nichts mehr klappert.

Kann ja jeder der RR1 Besitzer selbst mal ausprobieren.

Die Stecker sind leider nicht von bester Qualität, die würde ich wahrscheinlich als erstes tauschen.

 

Danach habe ich meine Spotify-Playlist den Rest des Abends querbeet gehört und bin immer wieder zu dem gleichen Resultat gekommen. Nämlich, dass der RR1 der erste spaßig abgestimmte Elektrostat ist, den ich bisher gehört habe, ganz im Stil eines Fostex TH-X00 mit Dekoni Polstern oder einem Denon AH-D9200.


Tag 2 – Vergleich Lambda Pro & Signature



Sonntag, 5. Januar 2020

Am Sonntagabend galt es natürlich meine Stax Lambda Pro und Lambda Signature sowie den Koss SP95X gegen den RR1 antreten zu lassen. Den Voce, der zufällig gleichzeitig zu Besuch war, hatte ich zu dem Zeitpunkt ausgespart. Der hat eine komplett andere Signatur als die anderen Kandidaten und sollte separat mit dem RR1 Spielzeit bekommen.

Auch ohne Messungen war sofort klar, dass die Lambdas deutlich energetischer im Bereich der oberen Mitten und des Hochton zu Werke gehen als der RR1. Im Bass spielen sie schlanker und nüchterner, trotzdem geht ihnen der Bass nicht ab. Die Spielweise der Lambdas ist im Vergleich insgesamt analytischer und durchweg auflösend. Insbesondere der Signature spannt einen breiteren und tieferen Raum auf als es der RR1 vermag.



Der Koss SP95X ist deutlich betonter in den Mitten und klingt etwas aufdringlich. Wer Gesang mag, wird Gefallen an ihm finden. Unterm Strich ist er allerdings hinter allen anderen Kandidaten eine Klasse zurück, denn im Hochton kann er nicht so fein zeichnen und überzeugen, wie ich es von den Stax Kopfhörern gewohnt bin oder wie es der RR1 vermag. Diese typische Wahrnehmung, statt mit einem Kopfhörer nahe platzierten Lautsprechern zuzuhören, also dieses typisch „räumliche“ eines Flächenstrahlers bringt er aber auch mit.

Auf den RR1 zurück gewechselt, bin ich dann im Vergleich sofort beim Club-Sound. Der Bass dominiert ohne aufdringlich zu sein. Der Tiefbass ist je nach Titel schon unheimlich…. unheimlich gut sowieso. Bei Classik-Rock, der ohne diese heute oft üblichen Tiefbass-Anteile abgemischt wurde, spielt der RR1 unglaublich gut mit straffem und knackigem Bass, sehr schöner Stimmenwiedergabe und einem detaillierten Hochton.
Dieter meinte zu mir, er hört damit winzige Einzelheiten, die er auch mit einem Lambda L700 Mk2 nicht gehört hat. Das kann ich natürlich nicht verifizieren, doch ich glaube zu wissen, was er meint.
Bei den Lambdas kann ich das einigermassen nachvollziehen. Wobei mir auffällt, dass bei ihnen der im Vergleich doch breitbandig betontere Hochton von einigen im Frequenzbereich darunter dargestellte Informationen zumindest ablenkt. Der Hochton des RR1 fällt da deutlich moderater und auch akzentuierter aus.
Classik-Rock hört sich absolut genial mit dem RR1 an, detailreicher, weniger pieksend und irgendwie einfach besser als mit meinen Staxen. Geht es jedoch in die Richtung Jazz oder gar elektronische Musik, maskieren teils zu druckvolle Bassanschläge leider den Mittenbereich. Der Bas bekommt oft Übergewicht und Stimmen gehen für mich regelrecht unter. Im direkten Wechsel zwischen den Kopfhörern ist das natürlich sofort so zu hören, ganz so dramatisch ist das natürlich nicht, denn das Ohr gewöhnt sich schnell an Signaturen. Ob einem das dann gefällt oder nicht, ist eine ganz andere Frage. Mir gefällt diese Betonung, wie sie der RR1 mitbringt, jedoch auch wenn ich mich an ihn gewöhnt habe und nur mit ihm höre nicht bei jedem Lied. Da macht er dann einfach ab und an zu viel Druck im Bass, den ich dann als unpassend empfinde.

Am Ende empfinde ich den RR1 auch am Ende von Tag 2 Dank des absolut grandiosen Subwoofer-Basses als Spaß-Kopfhörer erster Klasse mit zudem toller Auflösung und Detaillierung.



Tag 3 – Vergleich VOCE & Messungen



Donnerstag, 9. Januar 2020

Nachdem ich einige Tage sowohl den RR1 als auch den Voce immer mal wieder gehört habe, werde ich nun wie angekündigt meine Eindrücke „zu Papier“ zu bringen. Gleichzeitig sehe ich mir auch an, wie sich beide eigentlich messtechnisch zueinander verhalten.

Klanglich kann ich auf jeden Fall sagen, sind beide schon unterschiedlich abgestimmt. Der Voce ist im Vergleich zu den Stax-Kopfhörern zunächst im Hochton deutlich entspannter. RR1 und Voce liegen auf einem ähnlichen Level, wobei die Signatur unterschiedlich ist. Der RR1 klingt weiterhin für mich spaßiger abgestimmt im Sinne einer Badewanne mit ordentlich steilen Wänden an Kopf und Fuß. Der Voce spielt ausbalancierter im HiFi-Sinn. Er spielt nicht ganz so neutral wie der Ether2 aus gleichem Haus. Auch der Voce stellt den Bass etwas abgegrenzter dar, jedoch dreht er nicht so auf wie der RR1. Gesang empfinde ich mit dem Voce „ehrlicher“ als mit dem RR1. Das zieht sich auch ein Stück weit in die Wiedergabe von Instrumenten. Besonder Klavier, Blechbläser und Geige klingen mit dem Voce einfach auch etwas „natürlicher“. In Brillanz und Hochton schenken sich beide nichts. Beide spielen sehr transparent und separieren hervorragend. Der Voce bringt allerdings den größeren Raum mit während der RR1 eine intimere Atmosphäre im Vergleich zaubert.

Zunächst war ich vom RR1 total geflasht, da er mit der Tiefbassbetonung jedes Lied in gewisser Weise „neu mastert“ und stets ein wenig Club-Sound-Feeling erzeugt. Selbst im Jazz habe ich mich ein wenig daran gewöhnt und es nach einigen Minuten störend empfunden. Mit dem Wechsel auf den Voce allerdings zeigt sich dann, dass Dan Clarks Flaggschiff hier deutlich besser abliefert. Das liegt natürlich nicht an dessen höherem finanziellen Wert, sondern an der Abstimmung.

Nur für Club-Sound-Feeling mir einen RR1 zuzulegen, das wäre mir das Risiko des Imports nicht wert, denn auch der RR1 schlägt ja mit gut 680€ in der einfachen Ausführung zu Buche.

Eigentlich war ich mit meinem Hörvergleich damit durch und bin zu den Messungen übergegangen. Da ist mir aufgefallen dass ich auf meinem Messkopf Probleme hatte, den Voce richtig dicht zu bekommen.
Plötzlich hat sich der Voce im Bassbereich wie der RR1 gemessen und das kann nach dem, was ich hier die ganze Zeit beschreibe nicht sein.- Also habe ich mit einem Aktengummi den Kopfhörer etwas besser an den Messkopf angedrückt und siehe da, der Bassbuckel ähnlich dem des RR1 verschwindet und der Voce spielt sauber und linear bis gut 15Hz hinunter.
So hatte ich auch die Messung des Voce erwartet.



Doch halt… ich habe mir den RR1 noch einmal angesehen und er verfügt über Langschlitze an den Hinterseiten der Gehäuse und zwar unterhalb der Polster. Somit ist der Raum immer offen, der zwischen Ohr und Treiber gegildet wird und durch das Ohpolster sonst versiegelt sein würde. Daher kommt es auch, dass sich der Klang nahezu nicht ändert, egal wie ich den RR1 aufgesetzt hatte. Beim Voce lässt sich der Klang durch unterschiedliches Positionieren zum Ohr in Nuancen noch beeinflussen. Und wenn die Polster nicht ordentlich dicht am Kopf anliegen, hört isch der Voce komplett anders an, bassbetonter… naja… fast schon wie der RR1. Oder andersherum, der RR1 kommt dem Voce schon recht nahe, nachdem ich dessen Schlitze mit Tesafilm abgeklebt hatte. Dann verschindet nämlich dieser Subwoofer-Bass des RR1 und er geht ebenfalls sehr linear hinunter und ist nahezu deckungsgleich mit dem des Voce. Also ist das Tuning kein Zufall und so gewollt. Sehr interessant.

Die soeben beschriebene Modifikation wirkt sich nur im Bereich bis etwa 350Hz aus. So ähnlich verhält sich das auch beim Voce, dort sind Änderungen bis 300Hz zu erkennen. Der wahrgenommene Klang insgesamt wird dadurch direkt beeinflusst, nämlich indem ich den Kopfhörer entweder als Club-Sound-Can erlebe oder als Hifi-Hörer. Verschlossen rücken insbesondere die Stimmen beim RR1 ein gutes Stück weiter nach vorne und zugleich spielt ein Kontrabass im Jazz nicht immer ein Solo. So ist der RR1 definitiv ein Hifi-Hörer. Die vom RR1 abgebildete Räumlichkeit ändert sich jedoch kaum, er bleibt ein eher intim spielender Kopfhörer. Und auch im Bereich der Feinzeichnung und Details bleibt der RR1 weiterhin sehr gut. Anhand der Kurve im Vergleich zum Voce ist aber auch zu Erkennen, warum der RR1 Details für den ein oder anderen deutlicher Darstellt, denn im Superhochton hat er seine Spitze bereits bei 10,5kHz, was auch oft bis ins hohe Alter noch gut gehört wird. Der Voce liegt hier knapp 2kHz drüber. Für mich hört sich der Voce tatsächlich auch insgesamt feiner an als der RR1. Testweise habe ich mal mit einem EQ die Frequenzen ab 11kHz maximal reduziert. Selbst dann gefällt mir tonal der Voce immer noch etwas besser, wenngleich ihm bei einigen Aufnahmen etwas „Glanz“ verloren geht, den der RR1 weiterhin abbildet. Gesang klingt weiterhin mit dem Voce etwas voller mit ihm und weiterhin hat er auch diese für mich leicht quäkige Betonung des RR1 bei um 3kHz nicht, in Fachkreisen euch „Kermit“ genannt. 😉
Das Spiel könnte ich natürlich nun weiter treiben und auch ab 8kHz die Frequenzen ausblenden, doch dann werden sehr viele Kopfhörer „beliebig“.

Am Ende gilt sowieso wie immer:
Selbst anhöre und sich ein „Bild“ machen!


Tag 4 – Das Gesamtpaket


Mir sind im Laufe der Tage und Abklingen des New-Toy-Syndroms doch noch einige Dinge erwähnenswert, über die mich der interessante klangliche Ansatz von Kaldas Research hätte hinwegsehen lassen.

So fehlt es dem RR1 an einer schnellen Einstellmöglichkeit. Der Kopfhörer wird auf einen Hörer individuell angepasst und dabei mittels Schrauben richtig fixiert. Das Kopfband und auch die Anstellwinkel der Ohrpads werden für den dann jedoch optimalen Sitz mittels Schraubverbindungen fixiert. Neben der dann individuellen Passgenauigkeit gibt es keine mechanischen Spannungen, die zu Knarren oder Knarzen führen.Dafür ist der Kopfhörer nicht einfach so für jemand anderen dauerhaft nutzbar. Ich hatte das Glück, dass mir die Einstellung von Dieter zu 90% passt und ich nichts verstellen musste.

Die negative Seite ist dabei, dass dieser Einstellprozedur das Material oberflächlich doch leidet und an einigen Stellen die Lackierung dran glauben muss. Bei genauer Betrachtung sieht man auch, wie einzelne Teile gearbeitet wurde und statt glatt geschliffener Flächen sieht man noch die Bearbeitungswege des eingesetzten Werkzeugs. Irgendwo muss sich ja auch der Preis widerspiegeln.

gut sichtbare Spuren durch das Einstellen



Hatte ich das Kabel schon erwähnt? Naja, es erfüllt den Zweck. Allerdings ist im Laufe der Tests aufgefallen, dass insbesondere das Sub-Woofer-Feature zu einem Effekt führt, der auch von einigen Nutzern in Foren bereits angesprochen wurde. Zumindest konnte ich ebenfalls feststellen, dass bei Bässen unter 70Hz „Störgeräusche“ höherer Frequenzen auftreten. Das Bassmaximum liegt beim RR1 laut Messungen irgendwo zwischen 40 und 50 Hz und somit habe ich direkt an Resonanz gedacht und bin auch fündig geworden. In dem Fall von Dieters Kopfhörer waren es die Verriegelungen und die Kontakte der Mini-XLR-Stecker. Der Körperschall, der auch am Kopf ankommt und dieses Subwoofer-Gefühl mit verursacht, wirkt auch auf diese kleinen Elemente ein, die plötzlich im Stecker anfangen zu schwingen. Das leichte Tordieren des Steckers im eingesteckten Zustand hat diese Geräusche komplett beseitigt und so habe ich einfach den Klemmsteg noch etwas nach außen gekrümmt, so, dass er satter in der Buchse verriegelt. Das war ausreichend, um das Geräusch zu 90% zu eliminieren. Der Rest kommt weiterhin vom Stecker. Wahrscheinlich müsste man die Kontakte rückseitig verkleben, was ich aber bei der Leihgabe von Dieter nicht gemacht habe. Wenn schon so abgestimmt, sollte Kaldas Research künftig diesen Effekten mehr Beachtung schenken, denn insbesondere solche „Kleinigkeiten“ dürfen bei einem Referenz-Kopfhörer nicht vorhanden sein.

Wie auch bei anderen Kopfhörern ist ein Knistern der Folie beim Auf- und Absetzen möglich, das ist kein Grund zur Reklamation. Allerdings ist mir beim RR1 passiert, dass ich ihn etwas zu „ruckig“ auf dem Kopf verrutscht habe, was dazu geführt hat, dass die Folie offensichtlich „geklebt“ hat und dauerhaft ein Störgeräusch vom Treiber bei der Musik zu hören war. Das konnte ich reproduzieren und vielleicht passiert das auch bei einigen im Bass heftigen Lieder, wenn durch den Bass eben diese Vibrationen auftreten. Dann hilft es nur, den RR1 einmal spannungslos zu schalten und das Störgeräusch ist dann auch wieder dauerhaft verschwunden. Ich halte das nicht für einen Defekt, das ist eine technische Randbedingung bei in einer bei diesem Hörer speziellen Ausprägung, die es gilt in den Griff zu bekommen.



Resümee


Das mag sich jetzt vielleicht wie eine „Abrechnung“ gelesen haben und in gewisser Weiser ist es das auch, denn wenn das all diese Punkte abgestellt werden – einiges davon ist wie beschrieben auch mit einfachen Mitteln möglich – , dann hat der RR1 Conquest das Zeug dazu, in allen Belangen ganz oben mitzuspielen.

Ich habe daher einige Zeit überlegt, wie ich diesen Kopfhörer also bewerten soll, ob nach der Preis/Leistungs-Bewertung oder im Rahmen der Referenz-Bewertung.

Entschieden habe ich mich für die Referenz-Bewertung, denn ein elektrostatischer Kopfhörer ist nicht in jedem Haushalt nutzbar. Wer sich entscheidet, einen entsprechenden Verstärker anzuschaffen, um Elektrostaten betreiben zu können, der möchte keine Einschätzung Preis/Leistung. Ich unterstelle, dass es ab dem Moment sich für Elektrostaten zu entscheiden in erster Linie um den bestmöglichen Klang geht, der für jemanden ganz individuell zu erreichen ist.

Fazit


Am Ende meiner gut einwöchigen Testphase – noch einmal ein großes Dankeschön für diese Möglichkeit an Dieter „Hadisch“ – bleibt für mich unterm Strich der Kaldas Research RR1 Conquest ein klanglich beeindruckender Kopfhörer, ein tolles Erstlingswerk eines Underdogs mit dem Mut, vom klassischen Hifi-Tuning ein Stück weit abzuweichen. Ich mag den RR1 absolut und sollten die beschriebenen Anfangsschwierigkeiten überwunden werden, ist die Chance fast schon Sicherheit, dass ich mir nicht selbst einen für mein Kopfhörer-LineUp zulege.

Referenzklasse
  • 90%
    Tiefbass - 90%
  • 90%
    Bass - 90%
  • 86%
    Mitten / Stimmen - 86%
  • 93%
    Mitten / Instrumente - 93%
  • 90%
    Obere Mitten - 90%
  • 92%
    Brillanz / Hochton - 92%
  • 94%
    Auflösung / Transparenz / Separation - 94%
  • 94%
    Dynamik - 94%
  • 88%
    Räumlichkeit - 88%
  • 65%
    Design / Konstruktion / Verarbeitung - 65%
  • 96%
    Tragekomfort - 96%
88.9%



Klangfreund"M"

Klangfreund"M"

gelernter Radio- und Fernsehtechniker und ein Klangfreund mit Leidenschaft zu Kopfhörern, DAPs und sonstigen Miniklangwundern; liebt eine ordentliche Reproduktion satter Bässe, ausgewogene Wiedergabe von Stimmen und Instrumenten, entspannter Hochton mit akzentuierter Brillanz, kurz TP-Signatur; OverEar-Lineup: Dan Clar Audio Expanse, Meze Empyrean 2, Hifiman HE1000SE, HEDDphone 2, Hifiman Audivina, Dan Clar Audio E3; InEar-Lineup: Headphone Company Zeitgeist Blue, Sennheiser IE600, iBasso iT07; Dauerhaft eingesetzte DAPs: Cayin N8ii, iBasso DX320 Max TI; Kopfhörerverstärker im Bestand: Cayin HA-3A, RME ADI 2/4 Pro SE, ifi Audio GO Bar