Hifiman Edition S Over Ear Kopfhörer im Test – Klangstarker Verwandlungskünstler, zudem platzsparend und leicht

Der Hersteller Hifiman ist bekannt für seine Kopfhörer mit magnetostatischem Prinzip. Neben diesen eher mit Kopfhörerverstärkern zu betreibenden Modellen, ist auch der Edition S im Portfolio zu finden. Dieser lässt sich ohne Probleme an jedem mobilen Zuspieler betreiben, egal ob es sich um ein Smartphone oder einen DAP handelt. Der Edition S kann zudem als geschlossener oder offener Kopfhörer genutzt werden. Neugierig geworden?

Wie der wandelbare Edition S sich dabei präsentiert, schildere ich mit meinen Eindrücken in diesem Artikel.

 

Design & Lieferumfang

Der Hifiman Edition S ist als mobiler OverEar Kopfhörer mit äußerst geringen Abmessungen konzipiert worden. Die sonst üblichen großen runden Gehäuse sind nun „abgerundet kantig“, flach und deutlich kleiner. Der Kopfbügel vom Edition S besteht aus einem Verbundteil, sonst nutzt Hifiman ein zweiteiliges Kopfbügelsystem mit justier- und aufspannbarem Kopfband. Insgesamt wirkt der Edition S auf den ersten Blick so gar nicht wie ein Hifiman und doch findet sich das Logo auf den magnetisch haftenden Abdeckungen der Lautsprechergehäuse wieder. Zur Sicherheit ist der Schriftzug „Hifiman Edition S“ noch auf dem Kopfband platziert. Optisch sind das die einzigen Anhaltspunkte, dass es sich um einen Hifiman handelt.

Den Edition S gibt es in den Farben, Weiß und Schwarz – mit einigen silberfarbenen Akzenten. Mir gefällt die weiße Ausführung besser, welche ich auch hier im Test genutzt habe.

Zum Kopfhörer selbst werden noch ein silberfarbenes Hardcase sowie ein 2x 3,5mm Klinke-Kabel mit integriertem Mikrofon und Kabelsteuerung geliefert, welches an der linken Seite des Kopfhörers angeschlossen wird.

All das befindet sich gut verpackt in einem festen und hochwertigen Karton. Die Präsentation des Edition S schon mit dem Karton im Verkaufsregal stehend ist sehr gelungen und spricht mich persönlich an.

 

Material und Verarbeitung

Beim Herausnehmen des Kopfhörers selbst fällt mir zunächst sein leichtes Gewicht von nur knapp 250gr auf. Die Gehäuse lassen sich auf und zusammen klappen, was ohne Spiel in den Gelenken leicht möglich ist. Die Gehäuse rasten am Kopfbügel auch ordentlich ein, wenn der Kopfhörer ausgeklappt wird. Auch nach einigen Wochen Nutzung ist der Kopfhörer stabil und lässt sich einhändig auf und Absetzen, ohne dass er ungewollt einklappt.

Das Material wirkt robust, obwohl ich kein verbautes Metall erkennen kann, denn alle Teile sind in weißer oder hellgrauer Farbe ausgeführt und farblich aufeinander abgestimmt. Die Verarbeitung ist dabei einwandfrei und ich kann weder Lackfehler noch Materialrückstände erkennen. Die Ohrpolster selbst bestehen aus einem hybriden Material, denn es wurde sowohl eine Art Velours für die Auflage auf dem Kopf verwendet als auch Kunstleder im Innenbereich. Die Polster sind eingeklickt und lassen sich bei Bedarf somit auswechseln. Das Anschlusskabel ist etwa 1,2m lang, was mir auch für die mobile Nutzung ausreicht. Mit der Kunststoffummantelung ist das Kabel zwar sehr flexibel, doch leider stört es etwas, dass sich das Kabel nicht gerade aushängt und sich permanent vom Kopfhörer nach unten schlängelt. Wer mit dem Kabel nicht leben kann, kann jedes andere 3,5mm Stereo Kabel als Ersatz nutzen. Daumen hoch dafür, dass im Edition S eine 3,5mm Buchse im Kopfhörer integriert wurde.

 

Lautstärke 

Wie viele andere Kopfhörer kann der Hifiman Edition S an einem Kopfhörerverstärker betrieben schon deutlich lauter spielen als für ein dauerhaftes Hören nötig wäre. Interessanter ist es jedoch, ob der Edition S auch im mobilen Betrieb ausreichend laut betrieben werden kann.

Mit seinen 50mm dynamischen Lautsprechern und nur 18Ohm Impedanz lässt sich der Edition S vergleichsweise einfach antreiben und an jedem Smartphone oder DAP liefert er ordentlich ab. Somit ist er mobil auch sehr laut spielbar, so dass insbesondere im offenen Modus Sitznachbarn auch etwas davon haben.

Wie schon angesprochen, lässt sich der Edition S als offener sowie geschlossener Kopfhörer betreiben. Für das Reisen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln und zu Hause abends im Wohnzimmer oder im Bett zum Einschlafen genutzt, ist die geschlossene Spielweise überaus interessant, denn geschlossen dringen deutlich weniger Geräusche nach außen. Ich werde beide Spielarten miteinander vergleichen und meinen Eindruck schildern. Dafür habe ich mir einige konkrete Teststücke ausgewählt, die über Spotify zugänglich sind.

 

 

Klang

Für den Klangtest habe ich mich für folgende Lieder entschieden, die für mich einen schönen Querschnitt der unterschiedlichen Anforderungen an Kopfhörer darstellen.

  • Fragile – Sting
  • Avenged Sevenfold – Hail fort the King
  • Pretend – The Brandt Brauer Frick Ensemble
  • Royals – Lorde
  • Max-O-Man – Fourplay
  • Eleanor Rigby – Petra Magoni

Was ich schon zu Anfang sagen kann, dass der Edition S offen betrieben mit mehr Bass zu Werke geht. Ob das aber immer gut ist, dem werde ich auf den Grund gehen.

 

Fragile – Sting

Die äußerst melodischen Lieder von Sting leben von ihrer Bühne und Fülle und werden durch Gordon Matthew Thomas Sumners Gesang komplettiert. Bei seiner Art zu singen, laufen viele Kopfhörer Gefahr, sibillant und sogar zischelig zu klingen. Beim Hifiman Edition S davon keine Spur. Das gefällt mir insgesamt sehr gut, sowohl im offenen als auch geschlossenen Modus. Allerdings fehlt mir im geschlossenen Modus etwas der Bass und wenn ich die Abdeckungen entferne, dann ändert sich der Charakter des Kopfhörers doch merklich. Der Gesang wird angenehm voller und authentischer. Insgesamt stellt sich eine angenehme Fülle ein, ohne dass es zu viel wird. Das geht Hand in Hand mit einer deutlich weiteren Bühne und die Gitarrenklänge schweben nun so durch den Raum. Im offenen Modus klingt der Edition S hier einfach “richtiger”.

 

Hail to the King – Avenged Sevenfold

Musikalische Kehrtwende. Drückende Kickdrums, schnelle Gitarrenriffs und anheizender Gesang stehen nun auf dem Programm. Hier darf die Lautstärke auch ruhig etwas lauter werden. Hier stellt sich mir das Gegenteil dar. Mit offener Spielweise hallen mir die Basskicks etwas zu viel nach und der Song hört sich an, als würde er vor leerer Bühne gespielt werden. Nach dem Aufsetzen der Abdeckungen verschwindet dieser Eindruck und die Band um Frontmann Matthew Charles Sanders spielt direkt mitreissend ins Ohr. So mag ich das im Rock und Metall Genre. Alle Instrumente sind gut voneinander zu separieren. Geschlossen macht mir der Edition S nun mehr Spaß.

Pretend – The Brandt Brauer Frick Ensemble

Die Berliner Techno Band polarisiert mit ihrer Musik. Tiefste Bässe und Anleihen orchestraler Klänge werden gebrochen durch einzelne Soundakzente, um von einem immer gleichen Beat sofort wieder eingefangen zu werden. Das schreit einfach nach dem offenen Modus des Edition S. Was der Hifiman so darbietet ist einfach toll. Die Bässe werden sauber und druckvoll wiedergegeben. Der Gesang passt sich genau ein und das später einsetzende Klavier erhält die notwendige Präsenz. Im geschlossenen Modus klingt das alles einfach irgendwie “dünn”. Wer diese Klangfülle eher separiert erleben möchte und wem der zugegeben dann im Vordergrund stehende Bass zu viel ist, der kommt mit dem geschlossenen Modus sicher besser zurecht. Es ist schon interessant, dass ich besonders bei diesem Stück nicht genau sagen kann, ob mir der Hifiman Edition S offen oder geschlossen besser gefällt. Interessant, spricht aber für ihn.

Royals – Lorde

Auch in diesem Song wird mächtiger Tiefbass dargeboten und tatsächlich ist mir der offene Modus hier schon zu viel des Guten und auch der Gesang kingt für mich dann etwas zu vordergründig. Zudem klingt mir Ellas Stimme dann einfach etwas zu verfärbt in Richtung dunkel. Also auch hier meine klare Empfehlung… zu lassen.

 

 

Max-O-Man – Fourplay

Eines meiner Lieblingsstücke der amerikanischen Smooth Jazz Band, welches ähnlich wie die Musik von Sting von Fülle und Räumlichkeit lebt. Hier wird hohe Handwerkskunst dargeboten. Und hier ist es wieder die offene Spielweise, die das Stück noch lebendiger werden lässt. Die vereinzelten Akzente im Tiefbass kommen so deutlich besser zur Geltung und insgesamt kommt die etwas dunklere Abstimmung des Edition S dieser Musik zu Gute. Ich habe gleich noch ein paar andere Stücke von Fourplay durchgehört und hatte nicht ein Mal das Gefühl auf die geschlossene Spielweise wechseln zu müssen. Großes Kopfkino.

 

 

Eleanor Rigby – Petra Magoni

Zuletzt ist mir noch ein neues Stück auf die Ohren gekommen, welches ich zuvor noch nicht gehört habe, mich aber sofort beeindruckt hat. Gesang und Steicher, das ist alles. Dieses minimalistische Arrangement und die Präsentation des Songs macht mir richtig Gänsehaut. Und auch hier kann ich mich nicht entscheiden, ob nun geschlossen oder offen besser ist. Offen klingt das Stück wuchtig und nachdrücklich auf Seite des Instrumentes und die die feine Stimme fängt das Ganze etwas ein. Sehr interessant, das reißt mich mich irgendwie mit. Geschlossen sind Gesang und Instrument gleichberechtigt und mein Fokus fällt sofort auf das Handwerk, ohne dass das Stück weniger Spaß macht.

Klangfazit

Zu Anfang dachte ich, dass der Kopfhörer bei mir wohl nur offen spielen wird, einfach weil ich eher kräftige Bässe mag. Doch mit der Möglichkeit, die der Edition S durch seine schnelle Veränderungsmöglichkeit bietet, wurde ich eines Besseren belehrt. Natürlich habe ich noch viel mehr Musik mit ihm gehört, doch die von mir aufgezeigten musikalischen Beispiele zeigen eindrucksvoll, dass der Edition S überall stark ist und sogar je nach Betriebsmodus noch etwas mehr aus der Musik herausholt. Insbesondere das letzte Stück “Eleanor Rigby” von Petra Magoni zeigt eindrucksvoll, dass ein Stück kräftig und mitreißend als auch analythisch wiedergegeben werden kann. Chapeau Hifiman!

 

 

Messungen

Das alles zeigt sich auch beim Vermessen des Kopfhörers. Offen spielt er „wuchtiger“ und drückt mehr im Bass. Insbesondere der Oberbass bis in die untersten Lagen des Gesanges sind gegenüber den Mitten und Höhen deutlich betonter. Zugleich ist der Bereich zwischen 3 und 4 kHz etwas zurückgenommen, was Anteil daran hat, dass der Edition S offen betrieben ehe dunkel klingt. Geschlossen ist der gesamte Bassbereich zwar deutlich reduziert, doch die Betonung wandert dabei auch weiter nach unten, so dass Gesang natürlicher klingt. Der 3 bis 4 kHz Bereich ist etwas betonter. Die oberen Mitten und der Hochton sind nahezu identisch mit dem offenen Betrieb, jedoch klingt der Edition S geschlossen ausgewogener und detailreicher. Die Messungen bestätigen das, was ich zuvor anhand der Musikbeispiele gehört und beschrieben habe.

 

 

Tragekomfort

Anfänglich hatte ich das Gefühl, dass er einen zu hohen Anpressdruck hat, was sich aber nach einigen Tagen relativiert hat. Zum einen tritt sicherlich ein gewisser Gewöhnungseffekt ein und zum anderen liegt es aber daran, dass beim Aufsetzen die Gehäuse bzw. die Ohrpolster im Bügel verklemmen können. Bei meinem Kopf ist das so, dass die Polster oben in die Bügel gedrückt werden und das erzeugt nach einiger Zeit unter den Ohren am Kopf einen unangenehmen Druck, da die Kräfteverteilung so nicht gut ist. Ich achte aber nun beim Aufsetzen darauf, dass ich die Gehäuse lockere, dann sitzt der Edition S optimal und ist auch stundenlang tragbar! Wie auf dem Foto zu sehen ist, ist der Tragekomfort des Kopfbandes für meinen Kopf ideal.

 

 

Kritik

Neben der Gefahr des Einklemmens der Lautsprechergehäuse im Haltebügel geht meine Kritik  an das Hardcase. Die silberne Farbe ist zwar schick, doch schon nach dem ersten Tag im Rucksack sieht die Oberfläche nicht mehr schön aus. Zudem fehlt im Inneren ein kleines Netz oder Täschchen, in dem das Kabel verstaut werden kann. Da das Kabel irgendwie nicht zusammengerollt bleiben möchte, klemmt es gern beim Verschließen im Reissverschluß ein. Beim Öffnen springt es dann zuweilen regelrecht heraus. Das hätte ich mir etwas schöner gelöst vorgestellt.

Mehr habe ich auf diesem hohem Niveau nicht zu meckern! 🙂

 

 

Fazit

Mit dem Hifiman Edition S erhält man für 299€ einen hervorragenden Universal-Kopfhörer, der auch klanglich auf hohem Niveau spielt. Er ist an mobilen Geräten genauso gut betreibbar wie stationär an einem Kopfhörerverstärker. Er ist somit kurz gesagt ein mobiler und stationärer Kopfhörer mit wahlweise analythischer oder spaßiger Abstimmung.

Somit ist er für Einsteiger in die kabelgebundene Hifi-Welt genauso gut geeignet wie für Fortgeschrittene, die zum Beispiel noch einen sehr guten Reise-Kopfhörer suchen, der wenig Platz beansprucht und leicht anzusteuern ist.

Aus dem Grunde gibt es sowohl für Einsteiger und Fortgeschrittene jeweils einen Daumen hoch, wenn es um den Hifiman Edition S als Empfehlung geht!


Klangfreund"M"

gelernter Radio- und Fernsehtechniker und ein Klangfreund mit Leidenschaft zu Kopfhörern, DAPs und sonstigen Miniklangwundern; liebt eine ordentliche Reproduktion satter Bässe, ausgewogene Wiedergabe von Stimmen und Instrumenten, entspannter Hochton mit akzentuierter Brillanz, kurz TP-Signatur; OverEar-Lineup: Dan Clar Audio Expanse, Meze Empyrean 2, Hifiman HE1000SE, HEDDphone 2, Hifiman Audivina, Dan Clar Audio E3; InEar-Lineup: Headphone Company Zeitgeist Blue, Sennheiser IE600, iBasso iT07; Dauerhaft eingesetzte DAPs: Cayin N8ii, iBasso DX320 Max TI; Kopfhörerverstärker im Bestand: Cayin HA-3A, RME ADI 2/4 Pro SE, ifi Audio GO Bar